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(unter Arbeit)

1) Die finnische Selbstversorgerschule 

In Rasimäki, Valtimo, wird in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Kainuu (Kainuun Opisto) die erste Selbstversorgerschule Finnlands gegründet.

Wir beginnen im Frühling 2020 mit Kursen von der Dauer einiger Monate zum Thema Bauen. 

Kurse, die in die Selbstversorgung einführen, planen wir ab 2021 anzubieten. 

Der Unterricht wird vorerst nur auf Finnisch angeboten. 

Die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Alle sind willkommen, sich der Gruppe von Freiwilligen der Selbstversorgerschule anzuschließen!

 

2) Wozu braucht es die Schule? 

Wir haben mit unserem Lebensstil der Umgebung und uns selber schwerwiegende Schäden zugefügt. 

Die Voraussetzungen zum Leben sind im Schwinden begriffen. Obwohl eine Veränderung angestrebt wird, zeichnet sich ab, dass die Handlungsweisen unserer Kultur selbst das Problem sind, das gelöst werden sollte.

Wir haben Abholzungsmengen für Bäume, Grenzwerte für Gifte und Populationsstärken für Tiere festgelegt. Die Natur aber kennt keine Grenzwerte. Jede Veränderung hat Auswirkungen. Wenn wir uns den Grenzwerten nähern, sind die Auswirkungen bereits gravierend. 

Die meisten Konflikte auf dieser Welt werden direkt oder indirekt um natürliche Ressourcen ausgetragen. Selbstversorgung verringert Interessenkonflikte. 

Die Veränderung muss vornehmlich von der Basis der Bevölkerung ausgehen. Die Möglichkeiten der politischen Handlung werden überbetont. 

Die Technologie entwickelt sich parallel zur Kontrollgesellschaft. Die wachsende Abhängigkeit von der Technologie vermehrt Risiken. Der Versuch, diese Risiken zu beherrschen, treibt die Gesellschaft in die Arme des Überwachungstaats.

Tausende von Jahren hat der Mensch im Einklang mit der Natur gelebt. Das ist immer noch weitgehend möglich. Wer in Selbstversorgung lebt, leidet keinen Mangel, wenn er sie ganzheitlich betreiben kann. 

Auf der Basis von Selbstversorgung zu leben hilft, die Aufruhr unserer Zeit zu durchschauen. 

Wir können ein sinnreiches Leben leben, egal was uns die Zukunft bringt. 

ALBERT EINSTEIN:
PROBLEME KANN MAN NIEMALS MIT DERSELBEN DENKWEISE LÖSEN, DURCH DIE SIE ENTSTANDEN SIND.

 

 

3) Lehrstätte des selbstbestimmten Lebens

Das Ziel der Selbstversorgerschule von Valtimo ist es, breitgefächertes Wissen und Anleitung all denjenigen anzubieten, die an einem selbstbestimmten Leben und an handwerklichen Tätigkeiten interessiert sind. In der Schule werden alternative Handlungsweisen erlernt und entwickelt, die im Einklang mit den begrenzten Ressourcen der Natur sind. 

Vielfältiger Unterricht

In einem sechsmonatigen Unterrichtsabschnitt wird ein ganzer Anbauzyklus durchgegangen. 

Während des im Mai beginnenden Kurses wird in der Praxis gelernt, wie im eigenen Garten fast alle nötige Nahrung selbst angebaut werden kann. Ergänzt durch Unterricht in Bauen und Handwerk ergibt sich so ein umfassendes Bild der Grundbestandteilen des menschlichen Lebens. Der Unterricht ist vorwiegend praktisch. In der Schule werden die Gesetze der Selbstversorgung behandelt und Arbeitsgesamtheiten erlernt. Bei der Arbeit werden keine Maschinen eingesetzt. Das Arbeiten mit den eigenen Händen steigert das Ressourcenbewusstsein und vermittelt ein Verständnis für den ökologischen Fussabdruck von Individuen und Gesellschaften. Im Kurs lernt man verschiedene Materiale, Arbeitsmethoden und dadurch auch den eigenen Körper und sein Wohlbefinden kennen. Ein wichtiges Thema ist das Gleichgewicht von Arbeit, dem geistigen Befinden und der sozialen Interaktion. 

Während des Unterrichts ist Zeit reserviert für das Zusammensein und das Entwickeln der sozialen Fähigkeiten in der Gruppe.

In der Schule wird auch theoretischen Fragen nachgegangen wie dem Zusammenhang der heutigen Gesellschaft mit dem Energie- und Geldsystem sowie kulturellen und ethischen Fragen des Lebens. Der Kern des Unterrichts bildet die praktische Erfahrung von Lasse Nordlund und Maria Dorff aus mehreren Jahrzehnten. Der Unterricht stützt sich nicht im Wesentlichen auf traditionelle Fähigkeiten, traditionelles Bauen oder Folklore, sondern wendet jedes beliebige Wissen an, das den sinnvollen Gebrauch von Ressourcen unterstützt. Der Unterricht berücksichtigt den Klimawandel und die Veränderungen der Situation der Welt. 

In der Schule wird u.a. Folgendes gelernt:

  • Gartenbau und Kompostierung
  • Ernte, Einlagerung, Dreschen und Folgeverarbeitung
  • Sammeln von wildem Gemüse, Beeren und Pilzen
  • Grundlagen des Holzbaus, Anfänge des Blockhausbaus
  • versuchsweises Bauen, Lehm-, Stroh- und Natursteintechniken
  • Metallarbeiten, Reparatur von Werkzeugen und ihre Pflege
  • Kochen und Backen
  • Haltbarmachen von Nahrung durch verschiedene Verfahren
  • Filzen, Spinnen und Weben
  • Lederverarbeitung, Gerben, Formen und Nähen
  • Holzarbeiten und Gebrauchsgegenstände
  • Flechten, Birkenrinde- und Schindelarbeiten, Seile
  • Töpfern
  • Fertigen von Brennholz
  • Anbau und Verarbeitung von Flachs
  • Fischen
  • Wiederverwertung
  • Waldnutzung aus Sichtweise der Selbstversorgung
  • Teerbrennen
  • Selbstbehandlung mit Pflanzen
  • soziale Fähigkeiten, Lernen

Die Selbstversorgerschule ist von Religion und Politik unabhängig. Die Schule steht mit keinen nationalen Versorgungssicherheits- oder Krisenmanagementsprojekten in Verbindung.

Weitere Ziele der Schule

Lebensführung

Mit unseren Händen können wir beinahe alles herstellen, was wir brauchen! 

Die Selbstversorgerschule zeigt den Menschen die Verbindung zur Natur, zum Auskommen und zu den Grundlagen des Lebens. Diese zu verstehen und zu beherrschen stärkt das Selbstvertrauen der Menschen und verringert Beklemmung.

Heutzutage ist das Leben weitgehend aufgesplittert in viele Tätigkeitsinseln, die nicht mehr viel miteinander zu tun haben. An der Selbstversorgerschule kann eine Lebensweise erlernt werden, bei der sich die verschiedenen Tätigkeitsgebiete natürlich zu einer Gesamtheit zusammenfügen, die das Leben aufrechterhält. Diese Lebensweise vermittelt die Erfahrung von Sinnhaftigkeit und Relevanz.

Ästhetik

Die Erfahrung von Schönheit ist eine bedeutende vorwärtsführende Kraft! Wir wollen zeigen, dass Schönes quasi als Nebenprodukt des Arbeitens mit der Natur entsteht. In der heutigen Gesellschaft hat sich Schönheit ohne Grund weit vom Alltag entfernt. Dabei kann Schönheit ein Teil des (notwendigen) Arbeitens sein. 

Ästhetik ist immer auch ein Mittel gewesen, um die soziale Stellung und Reichtum zu betonen. Die heutigen Begriffe von Ästhetik bevorzugen viele Handlungsweisen, die die Natur belasten. Mit Selbstversorgung wiederum werden oft Vorstellungen der geistigen und materiellen Armut verbunden, von Abgeschiedenheit und fehlender Kreativität. Gründe dafür sind größtenteils ganz andere Umstände, nicht die Selbstversorgung selbst.

Öffnen wir uns einer andersartigen Schönheitserfahrung!

Gesellschaftliche Verantwortung 

Der Wettstreit um die natürlichen Ressourcen beschleunigt sich immer mehr und gefährdet den Frieden der Gesellschaften. Ressourcenbewusstsein gibt die Möglichkeit, sich von dieser Entwicklung zu lösen und ein friedvolles Parallelleben zu fördern. 

Wir leben in einer Zeit des weltweiten ökologischen und kulturellen Umbruchs, der das geistige und physische Wohlbefinden der Menschen auf die Probe stellt. Wir brauchen andere Lebensmodelle, die einen materiell anspruchslosen Lebensstil mit geistigem Reichtum verbinden.

Mit der Funktionsweise von Selbstversorgung haben wir historisch betrachtet die längste Erfahrung. Die heutige Gesellschaft ist im Vergleich dazu riskantes Experimentieren. 

4) Zur Natur des Unterrichts

Der Zweck der Selbstversorgerschule ist die Anleitung zu einer stärker von Selbstversorgung geprägten Lebensweise. Zusätzlich zu den konkreten Fähigkeiten braucht man Zeit, um sich mit neuen Sichtweisen auseinanderzusetzen. Verschiedene Vorstellungen von Selbstversorgung können sich erheblich voneinander unterscheiden. Auch die Begriffe des Lernen selber werden möglicherweise auf die Probe gestellt.

Wir versuchen zu zeigen, dass man den materiellen Lebensstandard beträchtlich senken und trotzdem ein Mehr an Wohlbefinden erleben kann. Dieser Übergang funktioniert hauptsächlich in einer Lebenslage, wo die Grundbedürfnisse der Menschen schon befriedigt sind.

Wir wollen den Weg zu einem anspruchsloseren Leben geprägt von positiven Erfahrungen ebnen. Ein tieferes Verständnis kann man erst gewinnen, wenn man sich Erfahrungen außerhalb des eigenen Wohlfühlbereichs stellt. Unsere größte Herausforderung ist es, eine sichere Lernumgebung für ein beständiges Lernen zu schaffen.

Verlernen

Wir sind Kinder dieser Zeit und erleben die unzähligen Gepflogenheiten des Alltags als selbstverständlich. Diese haben sich jedoch auf der Basis des uns umgebenden Ressourcenreichtums entwickelt. Auf dieser Grundlage Neues zu lernen erfordert zuerst ein Analysieren und Neubewerten vieler Vorurteile. In unruhigen Zeiten wollen wir lieber an unseren Begriffen festhalten als diese zu hinterfragen.

Ein zentrales Hindernis der Kreativität ist die Auffassung der Dinge als gegensätzliche Begriffe (nicht schön = hässlich, gut-schlecht). Diese Auffassung blockiert das Denken. Indem man zum Wissen aus erster Hand, also zur Erfahrung, zurückkehrt, baut das Denken auf einer viel echteren Grundlage auf. 

Umfang des Unterrichts

Zur umfassenden Selbstversorgung braucht es sehr viele verschiedene Fertigkeiten. Man muss etwas wissen über Pflanzen, Landwirtschaft, Knoten, Sparsamkeit, Zeiteinteilung, über das Wetter und die Strapazierfähigkeit von baulichen Konstruktionen…

Man muss zwar über alles ein bisschen Bescheid wissen, braucht aber dennoch kein Experte zu sein. Der Preis davon ist, dass man auf vielen Gebieten ein Laie bleibt. Den Qualitätsanspruch darf man nicht zu hoch ansetzen. Allgemeine Kompetenz wird nicht gleich hoch geschätzt wie Spezialisierung. In einem vergleichbaren Dilemma sind auch interdisziplinäre Forscher.

Das heutige Lernen bevorzugt die Spezialisierung. So zeigt sich der Gipfel des Könnens – die Virtuosität – im Geigenspiel des Violinisten, in den Metallarbeiten des Schmieds oder in der Expertise der Behandlung durch einen Arzt. Von ihnen lassen wir uns leicht überzeugen.

Gute Selbstversorgerfähigkeiten sind von außen nicht unbedingt so klar zu erkennen und überzeugend. Sie zeigen sich aber eindeutig, wenn es den Selbstversorgenden gelingt, für die Deckung der Grundbedürfnisse ihres Lebens zu sorgen.

Für den Unterricht in Selbstversorgung bedeutet das, dass die Studierenden mit einer anderen Situation konfrontiert werden, als sie von der Schulzeit her gewohnt sind. Der Lehrer ist nicht Meister einer einzigen Disziplin. Das kann für die Studierenden verwirrend sein. Die Mathematiklehrer lehren die lange Geschichte der rechnerischen Fähigkeiten. Der Lehrer von Erfahrungen hat wenig, worauf er sich erwiesenermaßen berufen kann.

Das Vertrauen zwischen Lehrer und Schüler ist ein unabdingbarer Zustand, der Lernen erst möglich macht.

Die Bedeutung des Übens 

Auf der Grundlage von Rückmeldungen haben wir bemerkt, dass viele beim Lernen von neuen Dingen es als wichtig erachten, die Dinge nicht nur einmal zu machen, sondern die Möglichkeit zum Üben zu haben. Man kann den Schüler leicht in einer allzu großen Informationsflut ertränken. Die Wiederholung von Praktischem verschiebt das Gelernte ins motorische Gedächtnis und befreit das Gehirn zum Aufnehmen von Neuem. Es wird gesagt, dass die Geduld zum Wiederholen von Gelerntem geringer geworden sei. Es kann eine überraschende Erfahrung sein, sich bewusst zu werden, wie Übung uns unbemerkt geschickter macht.

 

Ein bekanntes Schema

Uns haben zahlreiche Leute besucht, die sich mit Selbstversorgung und Eigenherstellung vertraut machen wollten. Gäste aus aller Welt sind angereist und sind so in eine ganz andere Umgebung gekommen – in den Wald!

Von diesen Erfahrungen hat auch die Selbstversorgerschule einen Nutzen.

Über die Jahre haben wir wiederholt die Erfahrung gemacht, dass der Lernende die Ankunft bei uns als „Nachhausekommen“ empfindet. Ein enger, aber kein einengender Zusammenhalt der Familie, deren Leben sich um alltägliche Besorgungen, Landwirtschaft und Bauen dreht, schafft einen gemütlichen und sicheren Eindruck. Zugleich herrscht auch stets eine Atmosphäre der Reflexion. Ein solches Leben wirkt auf viele anziehend.

Eine häufige Erfahrung ist, dass die anfängliche Begeisterung des Lernenden ungefähr eine Woche dauert. Nach zwei Wochen überfällt sie oder ihn Lustlosigkeit, worauf wir uns vorsichtig erkundigen, ob alles in Ordnung ist. Die Antwort ist üblicherweise, dass alles in Ordnung sei. Erst am dritten Tag kann der Gast benennen, was ihn bedrückt. Wenn wir dann die Dinge besprechen können, kann sich die Situation erholen und wir können bereichert fortfahren. Sonst kann die verbleibende gemeinsame Zeit etwas lang werden.

Der Aufenthalt in einer fremden Umgebung kann Empfindungen auslösen, die völlig überraschen. Der Zustand verbessert sich üblicherweise durch reden. Manchmal kann oder will ein Gast nicht über gewisse Dinge reden. Statt deren Behandlung wählt er den höflichen Rückzug und gibt zum Beispiel Heimweh als Grund für sein Bedrücktsein an.

Das Wichtigste ist sich bewusst zu machen, dass ein Mensch, der an unbestimmter Beklemmung leidet, Grund und Erklärung für seinen Zustand nötigenfalls an den Haaren herbeizieht. Als Grund dienen zuerst die Umstände oder ein Außenstehender. Viel schwieriger ist es, die Tiefen des eigenen Bewusstseins zu erforschen – die wirklichen Gründe der Beklemmung.

In der Selbstversorgerschule versuchen wir, Menschen in Situationen der Veränderung zu unterstützen. Letztlich entscheidet aber der Schüler selbst, wie er möglichen Schwierigkeiten begegnet.

5) Selbstversorgung in aller Kürze

Im Grunde ist Selbstversorgung das Bestreben, die eigene Abhängigkeit zu verringern, also sich selber versorgen zu lernen. Als Individuen können wir auf auf verschiedenen Teilgebieten vollständige Selbstversorgung erreichen. Wenn wir Selbstversorger werden, ändern sich die Abhängigkeiten. Der Selbstversorger braucht neben der vielfältigen Natur auch Gesundheit und Raum, um sein Handeln ganzheitlich zu gestalten.

Bezüglich gemeinschaftlicher Selbstversorgung ist es schwierig, die freiwillige Arbeitsteilung und die Verpflichtungen des Individuums zur Gegenseitigkeit innerhalb der Gemeinschaft zu unterscheiden. Zum Beispiel kann eine Gemeinschaft selbstversorgerisch sein, aber zugleich den Individuen das selbstversorgerische Leben unabhängig von ihrer Gemeinschaft verbieten (autoritäre Selbstversorgung).

Die fundamentalste Erscheinungsform der Selbstversorgung ist wohl die Bestrebung zur selbstversorgerischen Ernährung. Die Unabhängigkeit wird noch vollständiger, wenn Landwirtschaft ohne gekauften Dünger betrieben wird, wenn eigenes Saatgut verwendet wird und die Arbeit ohne Maschinen verrichtet wird. Der Begriff der Selbstversorgung reicht jedoch weit über die Rohstoffproduktion hinaus.

Verantwortung

Selbstversorgung bedeutet Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Wir führen ein Leben, in dem die Sorge um die Grundbedingungen unseres Lebens an viele Außenstehende delegiert ist. Können wir noch echte Verantwortung für unser Leben tragen, wenn wir nichts mehr tun und nicht mehr wissen, worauf unser Leben basiert? Wissen wir von nichts, wenn das arbeitsteilige Leben uns daran hindert, Mitgefühl mit den Opfern unserer Lebensführung zu empfinden?

Die immer weiter vorangetriebene Spezialisierung des menschlichen Arbeitslebens bildet ein Netzwerk von verstrickten Abhängigkeitsbeziehungen, von denen man sich nur schwer loslösen kann. Aus kurzer Sicht kann dieses Netzwerk den gesellschaftlichen Frieden fördern, aber zugleich schwächt es die Fähigkeit der Gesellschaft, nötige Veränderungen durchzusetzen.

Der Mensch hütet sich instinktiv davor, Einrichtungen zu hinterfragen, von denen sein Einkommen abhängt. Auf dem Weg zur Selbstversorgung, wenn Geld an Bedeutung verliert, können wir auch geistig ein wenig unabhängiger werden. Wir können uns von der großen Masse abheben und Pfade dort finden, wo sie niemand vermutet hätte. Menschen, die selbständig handeln, schaffen auf der Welt ständig Diversität. Diese ist uns von Nutzen, wenn unsere Lebensbedingungen sich verändern.

Wesenszüge

Die Selbstversorgung passt sich den gegebenen Rahmenbedingungen der Natur an, während der technische Zugang sie zu beherrschen versucht. Die Risiken von technischen Lösungen stehen in Beziehung zu der Größenordnung und Umfang der Anwendungen.

Bei unserem Versuch, mit den weltweiten Problemen fertig zu werden, schaffen wir ungewollt neue Probleme, indem wir neu entwickelte Lösungsvorschläge ausprobieren. Es gibt auch Mittel, über deren Funktionsfähigkeit und Schädlichkeit wir historisches Wissen haben. Das Modell der Selbstversorgung schafft kleinere Probleme und wendet besser bekannte Lösungen an.

Das Modell der Selbstversorgung steht dann vor einer ernstzunehmenden Herausforderung, wenn es den von der Leistungskultur verursachten Problemen begegnet. Da die Selbstversorgung darauf zielt, mit möglichst wenig Ressourcen auszukommen, liegt ihre Stärke nicht in der Korrektur, sondern in der Vorbeugung. Die Leistungskultur ist zu imposanten Rettungsaktionen fähig, aber in den ihr zugrunde liegenden Strukturen lauern schon die nächsten Probleme. In dieser Situation kann es das Vernünftigste sein, aus diesem Kreislauf auszusteigen und möglichst viele physische und psychische Ressourcen von der Leistungskultur weg und hin zu einem dezentralisierten Handeln zu kanalisieren.

Freundlichkeit

Die selbstversorgerische Wirtschaft ist ein sehr energieeffizientes Produktionssystem verglichen mit der Industriegesellschaft, die eine breite gesellschaftliche Infrastruktur braucht, um Nahrung und Güter zu produzieren. Deshalb konnte uns die selbstversorgerische Wirtschaft tausende von Jahren ernähren.

Selbstversorgung spielt eine wichtige Rolle in Krisensituationen. Eine noch wichtigere Bedeutung kommt ihr aber bei der Krisenvorbeugung zu. Die Selbstversorgung kommt mit wenigen, lokalen natürlichen Ressourcen aus, weshalb weniger Konkurrenzkämpfe um die Ressourcen aufkommen.

Die Unabhängigkeit, welche die Selbstversorgung mit sich bringt, verringert die Entstehung und Verfälschung von Machtstrukturen. Machtzentrierte Gesellschaften brauchen einen großangelegten Regierungs- und Stabilisierungsapparat, damit das System funktioniert. Deshalb neigen solche Gesellschaften im Fall einer Krise zu Totalitarismus (auch zu grünem). Eine dezentralisierte / auf Selbstversorgung basierende Gesellschaft kann leichter demokratisch sein und ist nicht in gleichem Maße anfällig für globale Fluktuierung.

Die auf Selbstversorgung gestützte Lebensweise ermöglicht vielleicht die einzige Wirtschaftsform, die das uneingeschränkte Verbreiten von Sachkenntnis und Fertigkeiten unterstützt, weil das für alle (unmittelbaren) Parteien von Vorteil ist. In der Marktwirtschaft hingegen wird der eigene Vorteil angestrebt. Geld verleiht den Handelsgütern Sichtbarkeit und ermöglicht ihren Austausch.

Besitztum ist ein ungelöstes Dilemma zwischen Mensch und Natur.

Geist

Die Fertigkeit zur Eigenherstellung erhöht das Selbstvertrauen und verringert Angstgefühle der Menschen. Das stabilisiert den zwischenmenschlichen Umgang vor allem in schwierigen Zeiten. Selbständigkeit ist nicht dasselbe wie Selbstsucht. Ein Mensch, der geistig gesund ist, teilt freiwillig.

Eine Senkung des materiellen Lebensstandards wird in Zukunft unausweichlich sein. Dies friedlich auszuführen ist psychologisch sehr schwierig, da man die schwindenden Ressourcen nicht gerecht verteilen wird. Die Menschen machen die Erfahrung, ungleich zu werden, und das provoziert Hass, der sich Ausdruck zu schaffen versucht. Wir beschuldigen lieber Menschen als undurchsichtige gesellschaftliche Strukturen. Dieser Umstand wird vor allem von populistischen Parteien missbraucht.

Eine dezentralisierte und auf Selbstversorgung begründete Gesellschaft begrenzt sich selber. Ihr steht keine Person vor, die die Verbitterung von anderen Menschen auf sich zieht. Die Abnahme des gesellschaftlichen Lebensstandards (die Möglichkeit, Ressourcen zu brauchen) kann sogar unbemerkt an einem Selbstversorger vorbeigehen, der seinen Haushalt sorgfältig führt.

Unser Planet

Menschen haben schon immer migriert und werden es auch weiterhin tun. Auch Grenzen werden diese Bewegungen nicht länger einschränken. Würde die Entwicklung von Selbstversorgung bessere Möglichkeiten schaffen, Einwanderer zu integrieren? Die Lösung würde der Ansiedlung der evakuierten karelischen Bevölkerung in Finnland nach dem Winterkrieg gleichen. Über 400’000 Evakuierte aus den abgetretenen karelischen Gebieten wurden in ganz Finnland angesiedelt. Alle Landwirte, die den Großteil der evakuierten Bevölkerung ausmachten, erhielten Gehöfte, die entweder von staatlichem Land oder privaten Großgrundbesitz und großen Gutshöfen abgetrennt worden waren, während die früheren Landbesitzer finanziell kompensiert wurden.

Wenn wir uns in Richtung Selbstversorgung entwickeln, ist es von Vorteil, wenn es auch dem Nachbar gut geht. Sich zu vernetzen ist eine natürliche Art, einen friedlichen Umgang zu entwickeln, über die von Menschen geschaffenen Grenzen hinweg. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass für Kommunikation und Kontaktaufrechterhaltung im heutigen Rahmen Ressourcen verbraucht werden, die in Selbstversorgung nicht produziert werden können.

Fünf Aren Nutzgarten reichen in Finnland aus, um eine Person das ganze Jahr zu ernähren, ohne weitere Nahrung einkaufen zu müssen. Das ist sehr effizient und dafür braucht man nur einige Werkzeuge.

Danke, dass es dich gibt.

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Wichtiger Hinweis zum Schluss

Immer wenn alternative Richtungen für den Gang der Welt aufgezeigt werden, besteht die Gefahr, dass die Alternativen sich zu neuen diskriminierenden Kräften entwickeln. Das Ziel der Selbstversorgung kann zu einem Wertekreis mit Selbstzweck verkommen. Aus der Selbstversorgung kann, wie aus allem, auch ein Mittel der Verachtung und der Macht werden.

Wir können Überreaktionen nicht verhindern, aber nun ist auch diese Sorge einmal ausgesprochen worden.

(Lasse Nordlund, 17.9.2019)

 

6) Die Gründer

Maria Dorff (geb. 1978) war von jung an interessiert in Gartenbau und Permakultuur. Sie ist von Beruf Handarbeitslehrerin hat aber diese Tätigkeit nie ausgeubt, weil sie zusammen mit Lasse 2006 in die Selbstversorgung gehüpft ist.

Lasse Nordlund (geb. 1965) hat zur Zeit des Zivildienstes (1986) gemerkt, dass er keinen Platz in der normalen Gesellschaft hat. Die Selbstversorgung war der Weg, sich diesen Platz aufzubauen.

 

Lesetip:

Die Erde, auf der wir stehen_3_2010

Ein Pamflet von Lasse aus dem Jahr 1987

Futurzwei.org/article/selbstversorgerschule


 

Kontakt:

Maria

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